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Leitlinie 19

Verfahren in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens

Hochschulen und außerhochschulische Forschungseinrichtungen etablieren Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Entsprechende Regelwerke erlassen sie auf Basis einer hinreichenden Rechtsgrundlage. Die zu etablierenden Regelwerke umfassen insbesondere Definitionen von Tatbeständen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, Verfahrensvorschriften und Maßnahmen bei Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Die Regelwerke werden ergänzend zu einschlägigen, höherrangigen Normen angewandt.

Erläuterungen:

Nicht jeder Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis stellt ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar. Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommen nur solche vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstöße in Betracht, die in einem Regelwerk niedergelegt sind.

Als Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens gelten insbesondere die Erfindung und Verfälschung von Daten und das Plagiat. Die Verfahrensvorschriften der Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen umfassen insbesondere Regelungen zur Zuständigkeit für jeden einzelnen Verfahrensabschnitt, zur Beweiswürdigung, zur Vertretung der Ombudspersonen und der Mitglieder der Untersuchungskommissionen, zu Befangenheiten sowie zu rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen. Der / Dem von den Vorwürfen Betroffenen sowie der / dem Hinweisgebenden wird in jeder Phase des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Bis zum Nachweis eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens werden die Angaben über die Beteiligten des Verfahrens und die bisherigen Erkenntnisse vertraulich behandelt. Die Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen gewährleisten eine möglichst zeitnahe Durchführung des gesamten Verfahrens und unternehmen die erforderlichen Schritte, um jeden Verfahrensabschnitt innerhalb eines angemessenen Zeitraums abzuschließen. Die Regelwerke zeigen verschiedene Maßnahmen auf, die in Abhängigkeit von dem Schweregrad des nachgewiesenen wissenschaftlichen Fehlverhaltens anzuwenden sind.

Kommt nach Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens als Maßnahme der Entzug eines akademischen Grades in Betracht, werden die dafür zuständigen Stellen einbezogen. Das Ergebnis wird nach Abschluss der Ermittlungen den betroffenen Wissenschaftsorganisationen und gegebenenfalls Dritten, die ein begründetes Interesse an der Entscheidung haben, mitgeteilt.

FAQ Verfahren in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens

Wie kann die möglichst zeitnahe Durchführung des gesamten Untersuchungsverfahrens gewährleistet werden?

Bewährte Maßnahmen sind beispielsweise:

  • Klare Fristen setzen
  • Transparenter Vorgang hinsichtlich des Ablaufs der Verfahrensschritte mit klarem Zeitrahmen erforderlich
  • Je existentieller der Vorwurf ist, desto länger kann ein Verfahren dauern.

Ist jeder Verstoß gegen die Grundsätze der guten wissenschaftlichen Praxis automatisch wissenschaftliches Fehlverhalten?

Nicht jeder Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis stellt ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar. Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommen nur solche vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstöße in Betracht, die in einem Regelwerk einer Einrichtung als Tatbestände beschrieben sind.

Sollen auch anonyme Anzeigen von Ombudspersonen und / oder Kommissionen bearbeitet werden?

Die Erläuterungen der Leitlinie 18 führen dazu aus:

Die Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen entscheiden in eigener Verantwortung, ob sie auch solche Anzeigen überprüfen, bei denen die oder der Hinweisgebende ihren bzw. seinen Namen nicht nennt (anonyme Anzeige). Eine anonym erhobene Anzeige kann nur dann in einem Verfahren überprüft werden, wenn die oder der Hinweisgebende der Stelle, die den Verdacht prüft, belastbare und hinreichend konkrete Tatsachen vorträgt.

Die Verfahrensordnung der DFG zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten (VerfOwF) bejaht die Überprüfung anonymer Anzeigen ausdrücklich, siehe dazu Ziffer III.1.a) der VerfOwF.

Anonyme Anzeigen stellen insbesondere bei beruflichen „Abhängigkeitsverhältnissen“ oftmals die einzige Möglichkeit dar, Vorwürfe zu erheben.

In Leitlinie 6 des Kodex werden explizit die Amtszeiten der Ombudspersonen zeitlich begrenzt. Gilt diese Regelung auch für die Mitglieder von Untersuchungskommissionen?

Dies wäre denkbar und trägt dem Grundgedanken der Vermeidung von Abhängigkeitsverhältnissen Rechnung; es ist aber nach dem Kodex keine zwingende Vorgabe.

An wen wende ich mich in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis bzw. bei dem Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens? Was muss ich bei einer Anzeige beachten? Wie sieht eine typische Überprüfung solcher Verdachtsfälle aus?

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