Vorwort
Ziel der 1998 veröffentlichten Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ war es, die Redlichkeit in der Wissenschaft weiter zu befördern und als festen Bestandteil in Forschung und Lehre zu etablieren.
Anlass für die durch den Vorstand der DFG im Sommer 2018 getroffene Entscheidung zur Überarbeitung der Denkschrift und zugleich auch der Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten waren vielfältige Veränderungen im wissenschaftlichen Arbeiten, bedingt durch den digitalen Wandel und durch Entwicklungen sowohl im Publikationswesen als auch in den Strukturen der wissenschaftlichen Einrichtungen und Kooperationsformen. Der Reflexions- und Diskussionsprozess der Überarbeitung erfolgte vor dem Hintergrund international geführter Debatten zu wissenschaftlicher Integrität. Der Kodex trägt dem Grundgedanken der Unschuldsvermutung ebenso wie dem Schutz der Legitimität des Wissenschaftssystems und der Hinweisgebenden soweit wie möglich Rechnung.
Vor diesem Hintergrund wurde die Kommission zur Überarbeitung der Denkschrift „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ und der Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten eingesetzt. Die konstituierende Sitzung fand im August 2018 statt.
Mitglieder der Kommission waren:
- Professor Dr. Klaus-Michael DEBATIN, Universitätsklinikum Ulm
- Professor Dr. Michael FAMULOK, Universität Bonn
- Professor Dr. Onur GÜNTÜRKÜN, Universität Bochum
- Professorin Dr. Marlis HOCHBRUCK, Karlsruher Institut für Technologie
- Professor Dr. Johannes JANICKA, Technische Universität Darmstadt
- Professor Dr. Wolfgang LÖWER, Universität Bonn
- Professor Dr. Ansgar OHLY, LMU München
- Professor Dr. Stephan RIXEN, Universität Bayreuth
- Professorin Dr. Elisabeth STAUDEGGER, Universität Graz
- Professor Dr. Eric STEINHAUER, FernUniversität Hagen
Die zehnköpfige Kommission unter der Leitung von Professorin Dr. Marlis Hochbruck gliederte sich in drei thematische Unterkommissionen mit den nachstehenden Schwerpunkten:
- Daten, Publikationen, Digitaler Wandel
Vorsitz: Professor Dr. Eric Steinhauer - Wissenschaftliches Personal
Vorsitz: Professorin Dr. Marlis Hochbruck - Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten
Vorsitz: Professor Dr. Stephan Rixen
Zudem nahmen an den Sitzungen der Kommission sowie der Unterkommission Gäste mit besonderer Expertise teil, die die Beratungen bereicherten. Eine enge Abstimmung erfolgte mit Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), um das gemeinsame Verständnis von Standards guter wissenschaftlicher Praxis zu vertiefen sowie einen konsistenten Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu gewährleisten.
In dem etwa einjährigen Prozess der Überarbeitung der Denkschrift stand die Verankerung einer verbindlichen Kultur der wissenschaftlichen Integrität in den Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen im Sinne eines Berufsethos im Vordergrund.
Auf Basis der Empfehlungen der Denkschrift wurde seit 1998 in der deutschen Wissenschaftslandschaft ein System der Selbstkontrolle und der Selbstverpflichtung initiiert, das seitdem breiten Konsens gefunden hat. Die Arbeit der Kommission ist Grundlage für den Kodex, der – in Anlehnung auch an internationale Referenzwerke – in Form von Leitlinien angemessene Standards für wissenschaftliches Arbeiten beschreibt. Die Leitlinien berücksichtigen die Diversität der unterschiedlichen Disziplinen und ermöglichen es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, ihre Handlungen, internen Strukturen und Prozesse – im Sinne der wissenschaftlichen Selbstverpflichtung – an diesen Leitlinien auszurichten.
Die Struktur des Kodex, der 19 Leitlinien beinhaltet, orientiert sich an einem mehrdimensionalen Ansatz:
- Der Kodex umfasst drei Ebenen, deren Textfassungen jeweils ein unterschiedliches Abstraktionsniveau aufweisen. Die Leitlinien auf der ersten Ebene weisen ein hohes Abstraktionsniveau auf. Die Erläuterungen folgen auf der zweiten Ebene mit einem ebenfalls noch relativ hohen Abstraktionsniveau. Die Druckfassung des Kodex wird die Ebene eins und die Ebene zwei beinhalten. Die dritte Ebene wird „online“ als dynamisches Dokument auf der Webseite der DFG zur Verfügung gestellt werden. Sie wird fachspezifische Ausführungen, Fallbeispiele und Frequently Asked Questions enthalten und ab Herbst 2019 detailliert konzipiert werden. Die Inhalte der dritten Ebene sollen im Zusammenwirken mit den Hochschulen und außerhochschulischen Einrichtungen, den Wissenschaftsorganisationen, dem Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ und weiteren Akteuren kontinuierlich erarbeitet und qualitätsgesichert sowie entsprechend den Veränderungen in den wissenschaftlichen Praxen angepasst werden. Damit soll ein aktuelles Referenzwerk für die deutsche Wissenschaftslandschaft geschaffen werden.
- Die Standards guter wissenschaftlicher Praxis untergliedern sich in sechs Leitlinien, die allgemeine Prinzipien formulieren, und in elf Leitlinien, die entlang des Forschungsprozesses wesentliche Schritte guten wissenschaftlichen Arbeitens thematisieren. Das Verfahren bei Nichtbeachtung guter wissenschaftlicher Praxis, niedergelegt in zwei Leitlinien, bildet den Abschluss des Kodex.
Die Rahmenbedingungen an den Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen sind wesentlich für gelingendes, gutes wissenschaftliches Arbeiten: Hierzu zählen nicht zuletzt Zeit und ausreichende Ressourcen für Forschung, Lehre und die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Der Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ wurde – nach Zustimmung des Senats am 28.3.2019 – im Rahmen der DFG- Jahresversammlung in Rostock durch die Mitgliederversammlung der DFG am 3.7.2019 verabschiedet. Die Verfahrensordnung zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens wurde am 28.3.2019 im Senat und am 2.7.2019 im Hauptausschuss verabschiedet.
Bonn, im Juli 2019