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Leitlinie 10

Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte

Wissenschaftler*innen gehen mit der verfassungsrechtlich gewährten Forschungsfreiheit verantwortungsvoll um. Sie berücksichtigen Rechte und Pflichten, insbesondere solche, die aus gesetzlichen Vorgaben, aber auch aus Verträgen mit Dritten resultieren, und holen, sofern erforderlich, Genehmigungen und Ethikvoten ein und legen diese vor. Im Hinblick auf Forschungsvorhaben sollten eine gründliche Abschätzung der Forschungsfolgen und die Beurteilung der jeweiligen ethischen Aspekte erfolgen. Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eines Forschungsvorhabens zählen auch dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an aus ihm hervorgehenden Forschungsdaten und Forschungsergebnissen.

Erläuterungen:

Wissenschaftler*innen machen sich die Gefahr des Missbrauchs von Forschungsergebnissen kontinuierlich bewusst. Ihre Verantwortung beschränkt sich dabei nicht auf die Einhaltung rechtlicher Vorgaben, sondern umfasst auch die Verpflichtung, ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Fähigkeiten so einzusetzen, dass Risiken erkannt, ab- geschätzt und bewertet werden können. Dabei berücksichtigen sie insbesondere die mit sicherheitsrelevanter Forschung (dual use) verbundenen Aspekte. Hochschulen und außerhochschulische Forschungseinrichtungen tragen Verantwortung für die Regelkonformität des Handelns ihrer Mitglieder und Angehörigen und befördern diese durch geeignete Organisationsstrukturen. Sie entwickeln verbindliche Grundsätze für Forschungsethik und Verfahren für die entsprechende Beurteilung von Forschungsvorhaben.

Wissenschaftler*innen treffen, sofern möglich und zumutbar, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt im Forschungsvorhaben dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte. Dokumentierte Vereinbarungen bieten sich insbesondere an, wenn an einem Forschungsvorhaben mehrere akademische und/oder nicht akademische Einrichtungen beteiligt sind oder wenn absehbar ist, dass ein*e Wissenschaftler*in die Forschungseinrichtung wechseln wird und die von ihm*ihr generierten Daten weiterhin für (eigene) Forschungszwecke verwenden möchte. Die Nutzung steht insbesondere der Wissenschaftler*in zu, der*die sie erhebt. Im Rahmen eines laufenden Forschungsprojekts entscheiden auch die Nutzungsberechtigten (insbesondere nach Maßgabe datenschutzrechtlicher Bestimmungen), ob Dritte Zugang zu den Daten erhalten sollen.

Daten-„Mitnahme“ bei Wechsel der Einrichtung

Wenn eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler von ihr bzw. ihm erhobene Forschungsdaten nach einem Institutswechsel weiterhin nutzen möchte, kann es vorkommen, dass dies von ehemaligen Vorgesetzten, etwa der Gruppenleitung oder der Institutsleitung, untersagt wird.

Die Nutzung könnte deshalb untersagt (also der tatsächliche Zugang zu den Forschungsdaten verhindert) werden, weil die ehemalige Arbeitsgruppe der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers oder eine benachbarte Arbeitsgruppe gleichfalls an den Forschungsdaten forscht und es deshalb zu einer Konkurrenzsituation kommen könnte. Als Argument könnte dienen, dass gemäß der guten wissenschaftlichen Praxis Forschungsdaten an dem Ort verbleiben sollen, wo sie erhoben wurden. Dies könnte dann so gedeutet werden, dass gemäß der guten wissenschaftlichen Praxis auch nur die Einrichtung, an der die Forschungsdaten erhoben wurden, weiter daran forschen dürfe. Generell gilt, dass die schützenswerten Interessen beider Seiten zu beachten sind und möglichst zu einem fairen Ausgleich gebracht werden müssen. Die Frage der Datennutzung bzw. des Zugangs zu Forschungsdaten hängt weniger davon ab, wem die Forschungsdaten rechtlich „gehören“ – das ist in aller Regel die Einrichtung, an der sie entstanden sind –, sondern davon, dass die Person, die das wissenschaftliche Projekt, in dem die Forschungsdaten entstanden sind bzw. bearbeitet wurden, verantwortlich umgesetzt hat, eine Chance haben sollte, den begonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisprozess fortzusetzen und zu beenden, ohne dass dies für die andere Seite zu evident unzumutbaren Nachteilen führt.

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Nutzungsrechte

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