Kommentar zu:

Der folgende Kommentar bezieht sich auf diese Leitlinie*n

Präambel

Wissenschaftliche Integrität bildet die Grundlage einer vertrauenswürdigen Wissenschaft. Sie ist eine Ausprägung wissenschaftlicher Selbstverpflichtung, die den respektvollen Umgang miteinander, mit Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, Tieren, Kulturgütern und der Umwelt umfasst und das unerlässliche Vertrauen der Gesellschaft in die Wissenschaft stärkt und fördert.

Mit der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Wissenschaft ist untrennbar eine entsprechende Verantwortung verbunden. Dieser Verantwortung umfassend Rechnung zu tragen und sie als Richtschnur des eigenen Handelns zu verankern, ist zuvorderst Aufgabe jeder Wissenschaftlerin und jedes Wissenschaftlers sowie derjenigen Einrichtungen, in denen Wissenschaft verfasst ist. Die Wissenschaft selbst gewährleistet durch redliches Denken und Handeln, nicht zuletzt auch durch organisations- und verfahrensrechtliche Regelungen, gute wissenschaftliche Praxis. In unterschiedlichen Rollen tragen auch Fachgesellschaften, Fachzeitschriften, Verlage, Forschungsförderer, Hinweisgebende, Ombudspersonen und das Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis bei; sie richten ihr Handeln in der – mit öffentlichen wie auch mit nicht öffentlichen Mitteln geförderten – Forschung an den Grundgedanken des Kodex aus.

So erfüllen Hinweisgebende, die einen begründeten Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens anzeigen, eine für die Selbstkontrolle der Wissenschaft unverzichtbare Funktion. Wissenschaftliche Fachgesellschaften fördern gute wissenschaftliche Praxis durch eine gemeinsame Willensbildung ihrer Mitglieder und durch die Festlegung forschungsethischer Standards, auf die sie ihre Mitglieder verpflichten und die sie in der Community etablieren. Herausgeberinnen und Herausgeber von Fachzeitschriften tragen den Anforderungen an qualitativ hochwertige Wissenschaft durch strenge Begutachtungsverfahren Rechnung. Das unabhängige Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ sowie die lokalen Ombudspersonen sind vertrauenswürdige Ansprechpartnerinnen und -partner, die Beratung und Konfliktvermittlung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer etwaigen Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit anbieten.

Auch Förderorganisationen nehmen eine wichtige Rolle mit Blick auf die Festigung und den Schutz von Standards guter wissenschaftlicher Praxis ein. Durch die konkrete Ausgestaltung ihrer Förderprogramme schaffen sie angemessene Rahmenbedingungen für redliches wissenschaftliches Handeln. Durch eigene Verfahren zur Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens tragen sie ferner dazu bei, Unredlichkeit in der Wissenschaft entgegenzutreten.

Im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs hat die DFG zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis die nachstehenden Leitlinien aufgestellt. Sie bilden den Konsens der Mitglieder der DFG zu den grundlegenden Prinzipien und Standards guter wissenschaftlicher Praxis ab und werden durch diese getragen. Diese Leitlinien bieten allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in ihrem Forschungsalltag redlich verhalten müssen, eine verlässliche Richtschnur, um gute wissenschaftliche Praxis als festen und verbindlichen Bestandteil der Forschung zu verankern.

Was Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften kennzeichnet

Was ist charakteristisch für geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung?

Die große Vielfalt geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen hat im weitesten Sinn die Erforschung geistiger, kultureller und sozialer Phänomene sowie ihrer zeitlich und räumlich bedingten Entwicklung und Ausprägung zum Ziel. Dem Untersuchungsgegenstand entsprechend berücksichtigen die Forschungen grundsätzlich die komplexen Erscheinungsformen und Wechselwirkungen menschlichen Denkens und Handelns. Für weite Teile der Forschung ist die Differenzierung historischer Zusammenhänge kennzeichnend. Bedingt durch das große Spektrum möglicher Forschungsgegenstände – von Grundzügen des menschlichen Verhaltens über gesellschaftliche, historische, sprachliche und mediale Phänomene bis hin zu erkenntnistheoretischen und ethischen Problemstellungen – ist für die Geistes- und Sozialwissenschaften eine große Vielfalt an Methoden kennzeichnend.

Spätestens seit der Jahrtausendwende haben empirisch orientierte Forschungsansätze, die auf die Untersuchung großer Datenmengen und Quellenbestände ausgerichtet sind, an Gewicht gewonnen, ohne dass andere, traditionellere Herangehensweisen dadurch vollständig abgelöst wurden. Eine Schlüsselrolle spielt der wachsende Einfluss digitaler Technologien, insbesondere die Verarbeitung digitaler Daten durch softwareunterstützte Methoden. Mit dieser Entwicklung ist eine Ausweitung des Methodenspektrums und teilweise eine Annäherung an andere Wissenschaftsbereiche festzustellen.

Zugleich ist aus verschiedenen – auch wissenschaftspolitischen – Gründen die Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg eher zu einem Normalfall geworden, sodass es für die geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung insgesamt als charakteristisch gelten kann, die eigenen Ergebnisse aus verschiedenen Perspektiven und im Dialog mit anderen Wissenschaftsbereichen zu reflektieren.

Welche Konsequenzen ergeben sich für die Qualitätssicherung?

Aufgrund der Methodenvielfalt der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsansätze und der großen Unterschiede in der Gestaltung und praktischen Umsetzung von Forschungsvorhaben bestehen entsprechend vielfältige Anforderungen für die Gewährleistung wissenschaftlicher Integrität und für eine zeitgemäße Qualitätssicherung. Diese findet auch unter Bezugnahme auf oder im Austausch mit anderen Wissenschaftsbereichen statt. Für empirisch ausgerichtete historische und sozialwissenschaftliche Forschungen muss eine systematische Methodenreflexion immer die Belastbarkeit und Aussagefähigkeit der Quellengrundlage einschließen. Unter den Bedingungen des digitalen Wandels führt insbesondere die wachsende Bedeutung von Forschungssoftware zu der Herausforderung, die Grundlagen einer „digitalen Quellenkritik“ zu erarbeiten.

Der Kommentar gehört zu folgenden Kategorien:

Präambel (Geistes- und Sozialwissenschaften)

|