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Leitlinie 14

Autorschaft

Autor*in ist, wer einen genuinen, nachvollziehbaren Beitrag zu dem Inhalt einer wissenschaftlichen Text-, Daten- oder Softwarepublikation geleistet hat. Alle Autor*innen stimmen der finalen Fassung des Werks, das publiziert werden soll, zu. Sie tragen für die Publikation die gemeinsame Verantwortung, es sei denn, es wird explizit anders ausgewiesen. Autor*innen achten darauf und wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge von den Verlagen beziehungsweise den Infrastrukturanbietern so gekennzeichnet werden, dass sie von Nutzer*innen korrekt zitiert werden können.

Erläuterungen:

Der Beitrag muss zu dem wissenschaftlichen Inhalt der Publikation geleistet werden. Wann ein Beitrag genuin und nachvollziehbar ist, ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen und hängt von dem betroffenen Fachgebiet ab. Ein nachvollziehbarer, genuiner Beitrag liegt insbesondere vor, wenn ein*e Wissenschaftler*in in wissenschaftserheblicher Weise an

  • der Entwicklung und Konzeption des Forschungsvorhabens oder
  • der Erarbeitung, Erhebung, Beschaffung, Bereitstellung der Daten, der Software, der Quellen oder
  • der Analyse/Auswertung oder Interpretation der Daten, Quellen und an den aus diesen folgenden Schlussfolgerungen oder
  • am Verfassen des Manuskripts mitgewirkt hat.

Reicht ein Beitrag nicht aus, um eine Autorschaft zu rechtfertigen, kann diese Unterstützung in Fußnoten, im Vorwort oder im Acknowledgement angemessen anerkannt werden. Eine Ehrenautorschaft, bei der gerade kein solcher Beitrag geleistet wurde, ist nicht zulässig. Eine Leitungs- oder Vorgesetztenfunktion begründet für sich allein keine Mitautorschaft.

Wissenschaftler*innen verständigen sich, wer Autor*in der Forschungsergebnisse werden soll. Die Verständigung über die Reihenfolge der Autor*innen erfolgt rechtzeitig, in der Regel spätestens dann, wenn das Manuskript formuliert wird, anhand nachvollziehbarer Kriterien unter Berücksichtigung der Konventionen jedes Fachgebiets. Ohne hinreichenden Grund darf eine erforderliche Zustimmung zu einer Publikation von Ergebnissen nicht verweigert werden. Die Verweigerung der Zustimmung muss mit einer nachprüfbaren Kritik an Daten, Methoden oder Ergebnissen begründet werden.

Ehrenautorschaft und ihre verschiedenen Ausprägungen

In Leitlinie 14 des DFG-Kodex wird ausgeführt, dass Wissenschaftler*innen einen „genuinen, nachvollziehbaren Beitrag“ geleistet haben müssen, um in einer wissenschaftlichen Publikation als Autor*in genannt werden zu können. Umgekehrt wird betont, dass eine „Ehrenautorschaft, bei der gerade kein solcher Beitrag geleistet wurde, (…) nicht zulässig“ ist. Ergänzend wird in Leitlinie 1 die „strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die eigenen und die Beiträge Dritter“ und damit die korrekte Zuschreibung von Publikationsbeiträgen als allgemeines Prinzip der guten wissenschaftlichen Praxis benannt.

Die Konstellationen, in denen Personen jedoch unter Missachtung dieser Kriterien eine Autorschaft zugeschrieben wird, sind vielfältig und sollen im Folgenden skizziert werden:

Coerced authorship

So beanspruchen Wissenschaftler*innen in leitenden Funktionen mitunter mit dem bloßen Verweis auf ihre Leitungsrolle eine Autorschaft für sich. Dies verstößt gegen die GWP-Regeln, die in Leitlinie 14 ausdrücklich festgehalten sind: „Eine Leitungs- oder Vorgesetztenfunktion begründet für sich allein keine Mitautorschaft.“ Legitime Autor*innen setzen Ehrenautor*innen in leitender Funktion nicht immer freiwillig auf die Liste der Autor*innen; vielmehr kann eine Ergänzung auch auf Drängen oder durch Ausübung von Druck erzwungen werden. Diese Praxis wird daher auch als erzwungene Autorschaft (coerced authorship) bezeichnet. Mitunter wird auch der Status als Betreuer*in einer wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit ausgenutzt, um Ehrenautorschaften durchzusetzen. Derartige Praktiken können als Missbrauch einer Leitungs-/Vorgesetzten- oder Betreuungsposition angesehen werden, die bereits nach Leitlinie 4 untersagt sind.

Darüber hinaus können auch andere (Macht-)Positionen, z. B. eine Monopolstellung beim Zugang zu Daten, Forschungsmaterialien oder Geräten, zur Durchsetzung einer Ehrenautorschaft genutzt werden. Der sogenannte Negativkatalog, welcher der Leitlinie 14 zugeordnet ist, listet Beiträge auf, die für sich genommen keinen Anspruch auf Autorschaft begründen, und bietet in diesem Zusammenhang eine hilfreiche Orientierung. Ob z. B. bei der Bereitstellung von Daten oder Materialien eine Autorschaft gerechtfertigt ist, hängt vielmehr im Einzelfall (unter Berücksichtigung der jeweiligen fachspezifischen Konvention) davon ab,

  • welchen Stellenwert die Datenerhebung oder Materialgewinnung für das jeweilige wissenschaftliche Projekt hat,
  • welche wissenschaftlich relevante Expertise hierfür erforderlich ist,
  • welcher genuin wissenschaftliche Beitrag zu einer Publikation daraus resultiert und
  • welche weitere inhaltliche Beteiligung an der Publikation damit einhergeht.
Gift authorship

Legitime Autor*innen vergeben eine Autorschaft in manchen Fällen auch freiwillig als Gefallen an andere, ohne dass die Begünstigten die Kriterien für eine Autorschaft erfüllen. Eine solche geschenkte Autorschaft (gift authorship) stellt eine weitere Unterform der Ehrenautorschaft dar. Zur Begründung für die unlautere Praxis wird etwa darauf verwiesen, dass die Begünstigten eine Beteiligung an einer Publikation benötigten, um ihre formale Eignung für eine wissenschaftliche Position oder für eine Berufung zu verbessern. Dabei kann es sich um Wissenschaftler*innen aus allen Karrierephasen handeln. Dies kann auch dazu führen, dass sich die zu Unrecht Begünstigten im Gegenzug erkenntlich zeigen und aus Gefälligkeit bei der nächsten Publikation diese Personen ihrerseits als Autor*innen aufführen (mutual support authorship). Auch diese Praxis verstößt gegen die Regeln der GWP, da Wissenschaftler*innen sich durch scheinbare Produktivität (gegenseitig) Vorteile bei der Leistungsbewertung verschaffen und Anerkennung für wissenschaftliche Inhalte erhalten, zu denen sie nicht oder nur marginal beigetragen haben.

Guest authorship

Von einer Gastautorschaft (guest authorship) spricht man, wenn der Name von Wissenschaftler*innen in der Autorenliste nur zu dem Zweck aufgeführt wird, die Glaubwürdigkeit einer Studie oder die Wahrscheinlichkeit, dass ein Manuskript veröffentlicht wird, zu erhöhen. Diese Praxis macht sich zunutze, dass die Anerkennung für den Inhalt einer Publikation tendenziell den renommiertesten Wissenschaftler*innen innerhalb des Autorenkreises zugeschrieben wird und der Name dieser Personen mitunter als Gütesiegel für den wissenschaftlichen Inhalt der Publikation fungiert. Der „Erfolg“ dieser Praxis weist mittelbar auf Schwächen im Peer-Review-Prozess hin.

Ein besonderer Fall ist die Namensnennung der Gastautor*innen ohne deren Zustimmung. Ein solches Verhalten ist nicht hinnehmbar, da sowohl die Leserschaft getäuscht als auch die Namen von Personen instrumentalisiert werden. Wissenschaftler*innen werden so für Inhalte verantwortlich gemacht, von denen sie keine Kenntnis haben. Die sogenannten Predatory Journals, welche vorgeben, wissenschaftliche Qualitätsstandards zu beachten, diese jedoch mit dem Ziel der eigenen Gewinnmaximierung unterlaufen, bedienen sich häufig dieser Taktik. Auch Paper Mills greifen auf diese verwerfliche Praktik zurück. Ein solches Vorgehen kann in diesem Zusammenhang – gerade wenn es sich um Artikel mit gefälschtem Inhalt handelt – kriminelle Ausmaße annehmen. Betroffene können hiergegen nicht nur über die GWP, sondern auch rechtlich vorgehen.

Authorship for sale

Auch mit weiteren klaren Verstößen gegen die GWP-konforme Zuweisung von Autorschaft können die sogenannten Paper Mills in Verbindung gebracht werden: Als gewinnorientierte Organisationen produzieren bzw. verkaufen sie wissenschaftlich anmutende Artikel, die jedoch (in unterschiedlichem Ausmaß) fragwürdige oder gefälschte bis hin zu frei erfundenen Inhalten aufweisen. In diesem Zusammenhang werden auch Autorschaften zum Kauf angeboten (authorship for sale); die Inanspruchnahme eines solchen Angebots stellt einen Verstoß gegen akzeptierte Autorschaftskonventionen und GWP-Regeln im Allgemeinen dar.

Ehrenautorschaft als wissenschaftliches Fehlverhalten

Die Anmaßung bzw. unbegründete Annahme einer Autor- oder Mitautorschaft kann als wissenschaftliches Fehlverhalten gemäß den Vorschriften in der jeweiligen Verfahrensordnung verfolgbar sein.

Dieser Beitrag basiert auf:

  • Reeg, Nele (2022): »Autorschaften«, in: Wissenschaftliche Fairness. Wissenschaft zwischen Integrität und Fehlverhalten, Bielefeld: transcript, S. 171-175.

Quellen:

  • Ombudsman für die Wissenschaft (2019): Jahresbericht 2018 an den Senat der DFG und die Öffentlichkeit. Berlin: https://ombudsgremium.de/wp-content/uploads/2019/09/Jahresbericht-2018-Ombudsman.pdf
  • Bülow, William/Helgesson, Gert (2018): »Hostage authorship and the problem of dirty hands«, in: Research Ethics 14, S. 1–9.
  • Feeser, V. R./Simon, Jeremy R. (2008): »The ethical assignment of authorship in scientific publications: issues and guidelines«, in: Academic Emergency Medicine 15, S. 963–969.
  • Strange, Kevin (2008): »Authorship: why not just toss a coin?«, in: American Journal of Physiology – Cell Physiology 295, C567–75.
  • Biagioli, Mario (2019): »Plagiarizing Names?«, in: Trends in Chemistry 1, S. 3–5.
  • Huber, Jürgen; Inoua, Sabiou; Kerschbamer, Rudolf; König-Kersting, Christian; Palan, Stefan; Smith, Vernon L. (2022): Nobel and novice: Author prominence affects peer review. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 119 (41), e2205779119. DOI: 10.1073/pnas.2205779119.
  • Hvistendahl, Mara (2013): »China’s publication bazaar«, in: Science 342, S. 1035–1039.

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