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Leitlinie 9

Forschungsdesign

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berücksichtigen bei der Planung eines Vorhabens den aktuellen Forschungsstand umfassend und erkennen ihn an. Die Identifikation relevanter und geeigneter Forschungsfragen setzt sorgfältige Recherche nach bereits öffentlich zugänglich gemachten Forschungsleistungen voraus. Die Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen stellen die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen sicher.

Erläuterungen:

Methoden zur Vermeidung von (unbewussten) Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden, zum Beispiel Verblindung von Versuchsreihen, werden, soweit möglich, angewandt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prüfen, ob und, wenn ja, inwiefern Geschlecht und Vielfältigkeit für das Forschungsvorhaben (mit Blick auf die Methoden, das Arbeitsprogramm, die Ziele etc.) bedeutsam sein können. Bei der Interpretation von Befunden werden die jeweiligen Rahmenbedingungen berücksichtigt.

Leitlinie 13

Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen

Grundsätzlich bringen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle Ergebnisse in den wissenschaftlichen Diskurs ein. Im Einzelfall kann es aber Gründe geben, Ergebnisse nicht öffentlich zugänglich (im engeren Sinne in Form von Publikationen, aber auch im weiteren Sinne über andere Kommunikationswege) zu machen; dabei darf diese Entscheidung nicht von Dritten abhängen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entscheiden in eigener Verantwortung – unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des betroffenen Fachgebiets –, ob, wie und wo sie ihre Ergebnisse öffentlich zugänglich machen. Ist eine Entscheidung, Ergebnisse öffentlich zugänglich zu machen, erfolgt, beschreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese vollständig und nachvollziehbar. Dazu gehört es auch, soweit dies möglich und zumutbar ist, die den Ergebnissen zugrunde liegenden Forschungsdaten, Materialien und Informationen, die angewandten Methoden sowie die eingesetzte Software verfügbar zu machen und Arbeitsabläufe umfänglich darzulegen. Selbst programmierte Software wird unter Angabe des Quellcodes öffentlich zugänglich gemacht. Eigene und fremde Vorarbeiten weisen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vollständig und korrekt nach.

Erläuterungen:

Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit, Anschlussfähigkeit der Forschung und Nachnutzbarkeit hinterlegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wann immer möglich, die der Publikation zugrunde liegenden Forschungsdaten und zentralen Materialien – den FAIR-Prinzipien („Findable, Accessible, Interoperable, ReUsable“) folgend – zugänglich in anerkannten Archiven und Repositorien. Einschränkungen können sich im Kontext von Patentanmeldungen mit Blick auf die öffentliche Zugänglichkeit ergeben. Sofern eigens entwickelte Forschungssoftware für Dritte bereitgestellt werden soll, wird diese mit einer angemessenen Lizenz versehen. Dem Gedanken „Qualität vor Quantität“ Rechnung tragend, vermeiden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unangemessen kleinteilige Publikationen. Sie beschränken die Wiederholung der Inhalte ihrer Publikationen als (Co-)Autorinnen und (Co-)Autoren auf den für das Verständnis des Zusammenhangs erforderlichen Umfang. Sie zitieren ihre zuvor bereits öffentlich zugänglich gemachten Ergebnisse, sofern darauf nach dem disziplinenspezifischen Selbstverständnis nicht ausnahmsweise verzichtet werden darf.

Forschungsdesign in den Lebenswissenschaften

Das Risiko der (unbewussten) Verzerrung bzw. Bias bei der Interpretation von Ergebnissen oder die Selektion bestimmter Ergebnisse ist aufgrund der komplexen Untersuchungsobjekte in den Lebenswissenschaften vergleichsweise groß. Gleichzeitig ist die ethische und rechtliche Verantwortung für die Untersuchung mit lebenden Organismen bzw. in sensiblen Ökosystemen offensichtlich. Für die Planungsphase von Projekten und die Etablierung geeigneter Qualitätssicherungsmaßnahmen muss ebenso viel Sorgfalt aufgewandt werden wie für die Durchführung und Veröffentlichung der Ergebnisse. Zeit und Kosten für qualitätssichernde Maßnahmen können in den Lebenswissenschaften erheblich sein und müssen daher bei der Planung berücksichtigt werden. Ansätze für die Validierung müssen insbesondere auch dann bedacht werden, wenn Ergebnisse vordergründig in silico entstanden sind.

Die Validität der Ergebnisse wird bestimmt durch das Forschungsdesign, statistische Parameter und eine planvolle Dokumentation der Forschungsdaten und Erkenntnisse. Methoden zur Vermeidung von Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden, z. B die Verblindung von Versuchsreihen oder die Präregistrierung von Versuchen und Studien in den klinischen Bereichen, sollten daher, wann immer möglich, genutzt werden.

Die Wahl des Forschungsansatzes ist zentral für die Aussagekraft der gewonnenen Erkenntnisse, aber auch für deren Anschlussfähigkeit bzw. Generalisierbarkeit. Die Wahl der Methodik und des Modellsystems sollte sorgfältig durchdacht, die Vor- und Nachteile offen benannt und bei der Bewertung von Projekten reflektiert werden. Modelle sollten valide und das Forschungsdesign robust sein.

Die statistische Planung, die für alle Bereiche essenziell ist, ist umso bedeutsamer, je stärker der Forschungsansatz auf bereits gesicherter Erkenntnis aufsetzt und im Forschungsansatz geprüft werden soll. Besonders herausfordernd ist hierbei, dass statistische Anforderungen den ethischen Anforderungen in Bezug auf Untersuchungen am Menschen oder am Tier häufig entgegenstehen. Ein hoher Standardisierungsgrad auf der Ebene von Ansätzen mit lebenden Organismen bedingt grundsätzlich das Risiko, dass die Erkenntnisse aufgrund der eingeschränkten genetischen Vielfalt, sozialer Kontexte, Klima usw. und deren Variabilität nicht auf andere Kontexte übertragen werden können. Eine eigene Einordnung, inwieweit die Fragestellung explorativ oder konfirmatorisch ausgerichtet ist, ist erforderlich.

Überlegungen zum Umgang mit den im Projekt entstehenden Forschungsdaten und über eine mögliche Verfügbarmachung von Datensätzen müssen bereits bei der Projektplanung Berücksichtigung finden.

Der Kommentar gehört zu folgenden Kategorien:

LL9 (Lebenswissenschaften) , LL13 (Lebenswissenschaften)

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